Was vor einigen Jahren als erste Testreihe für eine neuartige Antifouling-Bootsbeschichtung begann, ist inzwischen zu einem vielversprechenden, umweltverträglichen Produkt avanciert, an dessen praktischen Erprobung der Deutsche Motoryachtverband, der Landesverband Nordrhein-Westfalen und der Landesverband Baden-Württemberg tatkräftig mitgewirkt haben. Zeit, einmal auf die neuartige Antifouling-Beschichtung und die bisherigen Erfolge der Testreihe zu blicken.
Die Firma itCoating aus dem westfälischen Gronau ist seit Jahren auf wirksamen Oberflächenschutz und Hygienebeschichtungen in der Medizintechnik und der Industrie spezialisiert. Daraus resultierte die Idee, einen solchen Schutz auch für Sportboote zu entwickeln, der bei hohem Antifoulingschutz ohne Eintrag von Giftstoffen in die Gewässer funktioniert.
Das Prinzip ist so simpel wie genial, denn die besonders glatte Beschichtung macht sich ein physikalisches Prinzip zu Nutze, bei dem eine stark verringerte Oberflächenhaftung Foulingbefall am Rumpf verhindert. Da die besondere Beschichtung von itCoating keine Giftstoffe enthält, werden kein Kupfer, Zink oder Silikone ins Wasser abgegeben. Zudem wird damit ein Verschleppen gewässerfremder Organismen verhindert. Ein weiterer positiver Effekt für Skipper und Natur spricht ebenso für diese Bootsbeschichtung; die verringerte Gleitreibzahl nach dem Auftrag des Anstrichs auf den Rumpf sorgt zusätzlich für einen geringeren Widerstand im Wasser und damit für eine höhere Geschwindigkeit bei gleicher Antriebskraft. Die abriebbeständige und porendichte Unterwasserbeschichtung ist leicht zu verarbeiten und wird mit einem Mikrofasertuch oder einem herkömmlichen Wischmop aufgetragen.
Von der Theorie in die Praxis
Soweit die Physik, doch wie sieht es mit den praktischen Erfahrungen aus? Hier kamen die Motorbootsportverbände ins Spiel und unterstützten das Projekt in der Testphase. So bestätigt Joachim Müller von itCoating „mehr als 50 Bootseigner haben ihr Unterwasserschiff beschichtet“. Der Test der Beschichtung wurde auf dem Rhein, dem Main, dem Necker, der Mosel, der Havel, auf dem Bodensee sowie auf dem Ijsselmeer durchgeführt.
Auf den Binnengewässern war die Versuchsreihe, die über mehrere Monate lief, ein großer Erfolg und die Beschichtungstechnologie bewies auch in der praktischen Anwendung unter Realbedingungen das gewünschte Ergebnis. Das Weichfouling ließ sich, selbst im leicht angetrockneten Zustand, problemlos vom Rumpf entfernen und es gelangten keine giftigen Fremdstoffe ins Wasser. Für die Küstenreviere ist die Entwicklung des Produktes noch nicht ganz abgeschlossen und es werden bis zur Marktreife weitere Lösungsansätze und Testreihen notwendig sein. „Wir planen noch mit ca. zwei Jahren Praxisergebnissen in Küsten- und Seerevieren, bis wir endgültig auch eine umweltverträgliche Lösung dafür anbieten können“ so Müller. Auch an dieser zweiten Testreihe ist der Landesverband NRW aktiv mit einem Testboot beteiligt.
Die Resonanz stimmt
Die Verbände, die sich seit langem intensiv mit der Thematik des umweltverträglichen Antifoulings beschäftigen, sind von den Erfolgen der Antifouling-Beschichtung überzeugt. So hat unter anderem Marcus Schüler vom Landesverband NRW an seinem Boot bereits mehrere Systeme getestet und bewertet das itCoating System als sinnvolle Alternative.
Jürgen Wick – Mitglied im Präsidium des Landesverbandes Baden-Württemberg und Beauftragter für Unterwasserschutz – stützt die guten Erfahrungen und stellt in seinen Fachvorträgen auch die Technologie aus Gronau vor. Die positiven Eigenschaften für Natur und Bootsbesitzer überzeugen auch sein Publikum: „Ich bekomme Anfragen über die Landesgrenzen hinaus, z.B. aus der Schweiz oder auch von anderen Verbänden und Vereinen, wie z.B. von IBMV, Seglern oder Ruderern.“
Wie wichtig die Unterstützung durch die Verbände ist, unterstreicht auch Geschäftsführer und Mitentwickler Joachim Müller, „da die entscheidenden Impulse zum Start für dieses Projekt, sowie die praktische Zuarbeit der Landesverbände NRW und Baden-Württemberg entscheidend für die Akzeptanz bei den Anwendern war und ist. Dadurch, dass das Präsidium des DMYV Vorträge zu diesem Umweltthema arrangiert und gefördert hat, wurde die Wertigkeit und Bedeutung dieses Themas besonders gut dargestellt.“
Diese positive Resonanz lässt sich ebenso auf die an der Testphase involvierten Bootseigner übertragen. „Nach zwei Wochen Liegezeit auf dem Rhein und einer Stunde Fahrzeit ist der Antrieb immer noch sauber. In der Vergangenheit waren die im Wasser liegenden Bereiche schon ‚grün‘“ unterstreicht Bootsbesitzer Andreas Harling, der am Test teilnahm.
„Grün“ im Bewusstsein statt am Rumpf
Dabei bleibt es noch ein weiter Weg, das ist allen Beteiligten bewusst, bis bei der breiten Masse der Skipper ein Umdenken hin zu umweltverträglichen Alternativen beim Antifouling stattfindet.
„Ein wesentlicher Punkt der die Bootseigner vom ‚Umrüsten‘ abhält, ist die bevorstehende Arbeit, denn das vorhandene alte Antifouling muss entfernt werden. Hier fehlt noch das Bewusstsein, was wichtiger ist, die Umwelt oder die Kosten und Zeit für ein paar Tage Arbeit“ so Jürgen Wick. Es liegt noch einige Entwicklungs- und Überzeugungsarbeit vor den Herstellern und Verbänden, um bei allen Skippern ein grundlegendes Bewusstsein für umweltfreundliche Antifoulings zu erzeugen. Mit innovativen Projekten, wie dem von itCoating ist ein wichtiger Anfang gemacht und es bleibt spannend, welche nachhaltigen Ideen den Bootsmarkt in Zukunft noch bereichern werden. Ein Überblick über umweltfreundliche Antifouling-Produkte und deren aktueller Entwicklungsstatus steht auch auf der Webseite motorbootonline.de/technik zum Download bereit. Der Deutsche Motoryachtverband und die Landesverbände im Motorbootsport hoffen auch zukünftig auf weitere innovative Projekte, die den Schutz der Umwelt in den Fokus rücken.
Studie des Umweltbundesamtes (UBA)
Laut Einschätzung der 2018 veröffentlichten Studie des UBA gelangen jährlich rund 70 Tonnen Kupfer durch Antifouling-Anstriche von Sportbooten in die Gewässer. 71% dieser umweltschädlichen Substanzen landen in den Binnengewässern. Die Studie kam zum Schluss „die freigesetzte Kupfermenge entspricht rund 19 Prozent der gesamten Kupfereinträge in deutsche Oberflächengewässer“. Dies wirkt sich auf Wasserqualität, Flusstiere und Pflanzen aus. Auch das Umweltbundesamt empfahl hier bereits eindringlich die Nutzung von Biozid-freien Antifouling-Anstrichen bei Sportbooten.